Kati Naumann
Was uns erinnern lässt
Roman
Deutsch-Deutsche Geschichte: Berührend und nahbar erzählt
Hunger, Vertreibung, Wiedervereinigung und Versöhnung: In »Was uns erinnern lässt« erzählt Kati Naumann das bewegende Schicksal zweier Frauen vor dem Hintergrund deutsch-deutscher Geschichte und der Kulisse des Rennsteigs im Thüringer Wald.
Die DDR hat ihre Grenzen streng und gut bewacht. Keiner, der es nicht musste, wurde zu nahe herangelassen. Hart traf es jene Menschen, die in den Sperrgebieten nahe der Innerdeutschen Grenze lebten. Anfangs noch geduldet, wurden sie dann aber zwangsumgesiedelt. Dieses Thema verarbeitet auch Kati Naumann in ihrem Familienroman „Was uns erinnern lässt“.
Das Schicksal des Hotel Waldeshöh am Rennsteig
Die junge Milla liebt Lost Places und ist immer auf der Suche nach einem Ort, den vor ihr noch niemand entdeckt hat. Als sie im Thüringer Wald, am Rennsteig, einen überwucherten, vergessenen Keller samt Erinnerungsstücken findet, beginnt sie Nachforschungen anzustellen und stößt schon bald auf das Schicksal einer DDR-Familie. Denn über dem Keller stand einst das Hotel Waldeshöh, in das vor dem Krieg Gäste zur Erholung kamen. Doch mit der Teilung Deutschlands stand es auf einmal hinter Stacheldraht in der Sperrzone. Wanderer und Urlauber durften nun nicht mehr ins Waldeshöh und auch die Familie durfte nur mit Passierschein ihr Zuhause betreten. Doch die Repressalien des DDR-Regimes wurden noch härter. Bald durften weder Postauto noch Krankenwagen dort hinauffahren. Bis eines Tages die Zwangsumsiedelung kam…
Familiengeschichte vor DDR-Hintergrund
Kati Naumann erzählt mit „Was uns erinnern lässt“ einen soliden Familienroman, vor dem politischen Hintergrund der DDR-Regierung. Dieser Roman spielt auf zwei Ebenen, in der Gegenwart und in der Vergangenheit. Wir lesen von Milla, die im Jahr 2017 auf die Überbleibsel des Familienhotels stößt, und wir lesen von der Familie Dressel, die bis in die 1970iger Jahre jenes Hotel bewohnte. Die tragische Geschichte der Familie Dressel, die über einige Generationen hinweg ein Familienhotel am Rennsteig führte, wird zum Mittelpunkt der Erzählung. Wir erfahren von den Anfängen des Hotels, von der Zeit während des Zweiten Weltkriegs, von der Teilung Deutschlands und der anschließenden Stilllegung des Hotels. Auch wenn die Familie noch lange Zeit dort leben durfte, wenn sie bis zum Schluss hoffte, dass ihr Hotel wiedereröffnet werden würde, ist dem Hörer klar, dass es kein gutes Ende geben wird.
Kati Naumann lenkt ihre ganze Aufmerksamkeit auf diese Familie. Sie zeigt uns, wie diese unter den strengen Regeln und Auflagen des Regimes lebt, wie sich die Kinder entwickeln, der Sohn eine eigene Familie gründet, die Tochter unter der Einsamkeit leidet und egozentrisch wird.
„Was uns erinnern lässt“ von Kati Naumann ist eine Familiengeschichte voller Höhen und Tiefen. Es ist auch eine Geschichte vor einem spannenden, komplexen historischen Hintergrund, doch wird dieser nur hier und da angerissen. Dadurch hält man weniger einen historischen Roman in den Händen, als eine Familiengeschichte voller Schicksalsschläge.
Ein Stück vergessenes Land mitten im Thüringer Wald und zwei Frauen,
die wissen, wie sich Einsamkeit anfühlt
Meinungen zum Buch
»Ein ebenso kenntnisreicher wie berührender Text [...] ein Roman, der hervorragend lesbar ist, zu Herzen geht und spannend komponiert wurde« NDR Kultur
»Kati Naumann widmet sich ebenso einfühlsam wie eindrücklich einem selten thematisierten Kapitel deutscher Geschichte, aus dem wir noch immer für die Gegenwart lernen können.« BÜCHERmagazin
»Dieses starke Stück Geschichte aus der deutsch-deutschen Vergangenheit erzählt von Familie, Heimat, Zwangsenteignung und Schuld.« Neue Presse Hannover
»Man blickt dabei in Abgründe staatlicher Gewalt, aber auch in die Abgründe der menschlichen Seele. [...] fesselnd erzählt, [...] ein ergreifender, aber unsentimentaler Betrag zur Aufarbeitung deutscher Geschichte.« MDR Thüringen
»eine warmherzige Geschichte über Freundschaft, sondern auch ein historisches Zeugnis über das Leben der Bürger im ehemaligen DDR-Grenzgebiet mit genauer Recherche und Gesprächen mit Zeitzeugen« Neue Presse Coburg
»Kati Naumann beschreibt mit viel Einfühlungsvermögen das Misstrauen der Behörden gegenüber der Familie, die Bespitzlungen, die Schikanen, die brutale Umsiedlung [...] Über die gut 400 Seiten baut die Autorin einen Spannungsbogen auf, der auch überraschende Wendungen beinhaltet. [...] Ein Buch aus dem Leben, welches noch viel abgeschirmter war, als das der meisten anderen DDR-Bürger.« Sächsische Zeitung
Hintergrund
Die Geschichte des Rennsteigs
Der Rennsteig ist ein jahrhundertealter Grenzweg, der über den ganzen Höhenkamm des Thüringer Waldes bis zum nördlichen Frankenwald führt. Den Verbindungsweg zwischen Süd- und Norddeutschland haben Kelten, Thüringer und Franken zu Kriegszeiten ebenso genutzt wie friedliche Hirten, Kaufleute, Holzschnitzer und Puppenmacher aus der Gegend. Martin Luther überquerte den Rennsteig, um in Thüringen zu predigen, Napoleonische Truppen zogen darüber zur kriegsentscheidenden Schlacht von Jena und Auerstedt, und Ludwig Bechstein wanderte dort, um die Sagen aufzuschreiben, die sich um diesen mystischen Weg ranken.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Rennsteig, der bei Eisenach beginnt und dessen Hauptteil auf dem Gebiet der ehemaligen DDR liegt, mehrmals durch die deutsch-deutsche Grenze zerschnitten und nur noch bis Ernstthal zugänglich gemacht. 1951 erklang zum ersten Mal das Rennsteiglied von Herbert Roth, das zu einem der beliebtesten Schlager der DDR wurde. 1961 fand der erste Rennsteiglauf statt, der sich zu einem Volkslauf mit Massencharakter entwickelte. Nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze wurden 1990 auch die Grenzanlagen beseitigt, die den Rennsteig durchtrennten. Er ist heute wieder in seiner vollen Länge bis Blankenstein begehbar und zählt zu den beliebtesten Wanderwegen Deutschlands.
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Veröffentlicht: 29. August 2019
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