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Ewald Arenz

Alte Sorten

Roman

 

Verlag: DuMont Verlag

Erscheinungsdatum: 18. März 2019

Seitenanzahl: 256

 

 

 

Sally und Liss: zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Sally, kurz vor dem Abitur, will einfach in Ruhe gelassen werden. Sie hasst so ziemlich alles: Angebote, Vorschriften, Regeln, Erwachsene. Fragen hasst sie am meisten, vor allem die nach ihrem Aussehen.
Liss ist eine starke, verschlossene Frau, die die Arbeit, die auf dem Hof anfällt, problemlos zu meistern scheint. Schon beim ersten Gespräch der beiden stellt Sally fest, dass Liss anders ist als andere Erwachsene. Kein heimliches Mustern, kein voreiliges Urteilen, keine misstrauischen Fragen. Liss bietet ihr an, auf dem Hof zu übernachten. Aus einer Nacht werden Wochen. Für Sally ist die ältere Frau ein Rätsel. Was ist das für Eine, die nie über sich spricht, die das Haus, in dem die frühere Anwesenheit anderer noch deutlich zu spüren ist, allein bewohnt? Während sie gemeinsam Bäume auszeichnen, Kartoffeln ernten und Liss die alten Birnensorten in ihrem Obstgarten beschreibt, deren Geschmack Sally so liebt, kommen sich die beiden Frauen näher. Und erfahren nach und nach von den Verletzungen, die ihnen zugefügt wurden.

 

„Alte Sorten” – ist ein viel gelobtes Buch, im Buchhandel und in der Presse. Der Schreibstil ist klar und ausdrucksvoll. Wenn man den Roman Seite für Seite liest bilden sich sofort Bilder im Kopf.

Es ist eine intensive, berührende Erzählung voller Lebensweisheiten.

 

Das Mädchen Sally ist wieder einmal abgehauen aus der Klinik in der man sie reparieren will. In der Klinik wird alles was sie tut analysiert, sie fühlt sich fehl und einfach nicht richtig. Auf ihrem Weg trifft sie Liss, die seit Jahren einen alten Hof allein bewirtschaftet und Sallys Hilfe ganz gut gebrauchen kann.

… Sie drückte sich an dem Wagen vorbei, der schräg auf dem Weg stand, und senkte dann, obwohl sie es nicht wollte, den Kopf ein wenig, als sie an der Frau vorbeiging.

„Kannst du eben mit anfassen?“

Die Frage war so unvermittelt gekommen, das Sally zusammenschrak. Dabei war sie völlig ruhig, gestellt worden, wie eine echte Frage, ohne Aufforderung. Keine Frage in der – so wie eigentlich immer – schon ein Befehl steckte. … (S. 10)

 

Sally hat auf dem Hof übernachtet und kam in die Küche.

 

… Auf dem Tisch standen ein Teller, eine Tasse und eine abgedeckte Schüssel. Eine Teekanne daneben. Es sah alles sauber und aufgeräumt aus. Sally setzte sich auf die Bank, die an der Wand entlanglief und von der aus man durch die Tür auf den Hof sehen konnte. Sie nahm den Teller von der Schüssel. Klein geschnittenes Obst. Apfel. Birne. Kiwi. Ein paar Nüsse dazwischen. Und Honig. Man konnte ihn riechen. Zögernd deckte sie die Schüssel wieder ab…. (S. 15)

 

… Sie nahm wieder den Teller von der Schüssel, klaubte mit den Fingern ein Stück Birne heraus und steckte es in den Mund. Sie schmeckte süß und nach einem sanften Gewürz, das Sally nicht kannte. Sie fragte sich, ob es die Birne war oder ob Liss den Obstsalat gewürzt hatte. Sie nahm ein Stück Apfel. Der schmeckte ganz anders, und sie probierte die Birne noch einmal. … die Birne schmeckte besonders. … (S.16)

 

Liss nimmt Sally, wie sie ist. Sie stellt keine Fragen, erwartet aber, dass Sally mit anpackt, wenn sie bleiben will.

 

Die beiden Frauen kommen sich einander näher. Und ganz langsam und sehr behutsam entfalten sich ihrer beider Leben voreinander – die Verletzungen, die unerfüllten Erwartungen und die immerwährende Suche nach den Menschen, die man liebt.

 

… Sally murmelte einen Morgengruß und setzte sich auf die Bank. Sie streckte die Hand nach der Teekanne aus, aber Liss war schneller und reichte sie ihr. Liss hatte einen Verband um den linken Unterarm, nicht durchgeblutet, aber an 3 Stellen rötlich, länglich durchschimmernd. Sally erkannte sofort, was es war, weil sie es bei sich selbst so oft gesehen hatte.

 

… Was sollte das? War das so eine Art …was war das? Wie krank war das? Wollte sie … „Ey!“, sagte sie laut. „Ey, was … was soll … was ist das für ein Scheiß? Machst du einen auf…“ Sie wusste nicht, was es war. Sie deutete auf Liss Arm.

 

Findest du das irgendwie witzig oder was? … Ist das … was soll die Scheiße? Wiederholte sie, weil ihr die Worte fehlten. Liss hatte die Zeitung hingelegt. Sie strich sich mit der rechten Hand leicht über den Verband.

 

„Ich wollte wissen, wie es ist“, sagte sie ruhig. „Ich konnte mir das nicht vorstellen … ich wollte wissen, wie es sich anfühlt.“… (S. 69)

 

Liss und Sally sind zwar grundverschieden, aber sie entdecken auch immer mehr Gemeinsamkeiten, durch die sie Verständnis füreinander entwickeln. Nach und nach, offenbart sich dem Leser das ganze Leid, das durch festgefahrene, gesellschaftliche Strukturen und Erwartungen ausgelöst wird.

 

Es ist ein sehr lesenswerter Roman, realistisch und hoffnungsvoll. Seite um Seite versteht man Liss und Sally mehr, wir lernen sie kennen. Und wir erleben wie zwischen ihnen Nähe entsteht. Das Buch berührt unser Herz, es macht Mut, wir erleben das Zulassen von Nähe, es macht nachdenklich, es wärmt von innen. Ich hoffe, Ihr habt genauso viel Freude beim Lesen, wie ich es hatte.

 

 

 

 

 

 

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